Liebe Unterhachingerinnen und Unterhachinger, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Bürgermeister.
Unterhaching steht nicht vor einer „Zeitenwende“, wir sind mittendrin und die Gemeinde steht finanziell und organisatorisch mit dem Rücken zur Wand. Dazu reicht ein Blick in den Vorbericht zum Haushalt 2023 und ich zitiere:
„Die Gemeinde Unterhaching unterhält weiterhin eine Vielzahl von Liegenschaften, die teilweise einen erhöhten Investitionsbedarf haben. Diese Bedarfe sind im Haushalt nicht vollständig abgebildet“
Das muss man erst mal wirken lassen. Einige akute Beispiele:
- Desolate Kindergärten, wo Heizungen ausfallen, nicht genügend Räume vorhanden sind und Mietverträge auslaufen
- Marode Liegenschaften mit kaputten Dächern und defekten Tribünen
- Kritischer Zustand des Baubetriebshofs
- Energetisch problematische Gebäude
- Mit Schlaglöchern übersäte Gemeindestrassen, die mehr an einen Feldweg erinnern
- Und Radwege, bei denen man eher ein Mountain Bike braucht, um heil anzukommen.
Seit Jahren wird auf Sicht und Verschleiß gefahren: Hier mal eine Idee für einen Kindergarten, da ein Bürogebäude, links 200 Meter Radweg, rechts eine sündhaft teure Wertstoffsammelstelle und dann werden noch ein paar Dächer geflickt und uralte Heizungen notdürftig repariert.
Die Verwaltung und der Gemeinderat wird mit „Geisterprojekten“ beschäftigt, statt die wichtigen Themen anzugehen.
- Monatelang besprechen wir die obskure Liegewiese mit einem über Schulden geplanten Volumen von 1,5 – 3 Millionen Euro. Nur mit vielen Diskussionsrunden war ein Einlenken des Bürgermeisters zu erzielen.
- Der Erwerb eines Bürogebäudes für einen zweistelligen Millionenbetrag als Ersatz für das angeblich marode Rathaus. Vielleicht gut gemeint, aber völlig unzureichend vorbereitet, ohne tragbaren Business Case und daher zurecht vom Gemeinderat verworfen.
Und beschlossene Projekte werden teilweise nicht weiterverfolgt oder wegen Kapazitätsengpässen auf die lange Bank geschoben. Beispiele sind der Umbau des Baubetriebshofs und die Grüne Mitte.
Die Klausuren und Sitzungen zum Haushalt haben auch gezeigt, dass es immense strukturelle Probleme gibt. Wie kann es sein,
- dass Mietverträge seit 1994 (zur Erinnerung in DM Zeiten) in den letzten fast 30 Jahren nicht einmal angepasst wurden?
- dass Gebühren für gemeindliche Dienstleistungen seit Jahren auf niedrigem Level sind?
- dass in der Verwaltung dezentral eingekauft wird und somit höchst ineffizient und viel zu teuer ist?
- dass kein Flächenmanagement der gemeindlichen Gebäude und Räume betrieben wird und nicht klar ist, welche Räume genutzt werden – und welche leer stehen?
- und dass Bebauungspläne sich monatelang verzögern, weil rechtliche Vorgaben nicht eingehalten werden und ein Gesamtkonzept fehlt?
Mittelfristig stehen weitere substanzielle Herausforderungen an:
- Sicherstellung der nachschulischen Betreuung
- Ausbau ÖPNV und Radwege
- Umbau Hauptstraße und Kubiz-Vorplatz
- Sanierung von Brücken und weiteren Ingenieurbauwerken
- Schaffung eines Handwerkerhofs
- Sicherstellung des Hochwasserschutzes und Sanierung des Bachufers
- Optimierung der Verwaltungsprozesse
- Nachhaltige Vereinsförderung
- Sanierung und Anbau Polizeigebäude
- Übernahme der Kreis- und Staatsstraßen
Darüber hinaus müssen wir mit dem Thema Klimaneutralität 2030 weiter vorankommen und sind sehr gespannt auf die Vorschläge der Klimawerkstatt, die in Kürze vorgestellt werden.
Dazu passt ein weiteres Zitat aus dem Vorbericht:
„Deshalb sind alle Investitionsmaßnahmen und Infrastrukturprojekte vollständig neu zu priorisieren“
Vollkommen richtig!
- Seit Jahren fordern wir Transparenz über die mittel- und langfristige Finanzplanung: Stichwort Masterliste.
- Regelmäßig weisen wir auf zu hohe Kosten und mangelnde Risikobetrachtungen hin:
Stichwort Wertstoffsammelstellen und Straßensanierungen. - Und wir fordern einen seriösen Mehrjahresplan und Priorisierungen.
Was ist passiert? Fast nichts!
Diese Zwischenbilanz ist niederschmetternd.
Der Gemeinderat und die Verwaltung wird zum Teil mit den falschen Themen beschäftigt, die Haushaltsmittel werden nicht effizient eingesetzt, denn es fehlt der Blick in die Zukunft und dann führt eine undurchsichtige Steuernachzahlung zu einer Haushaltssperre.
Kommen wir zum Haushaltsentwurf 2023:
Seit September beschäftigen wir uns in endlosen Sitzungen mit den gemeindlichen Finanzen, um die kommunizierte Lücke von 10 Millionen € zu schließen. Wie es dazu kommen konnte, muss transparent aufgeklärt werden und dazu fordern wir den Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschuss ausdrücklich auf. Die Kommunikation der letzten Monate mit den Mitarbeitenden der Verwaltung, den Unterhachinger Vereinen und Institutionen und dem Gemeinderat hat hohe Unsicherheit ausgelöst und viel Vertrauen verspielt.
Ohne Einbindung des Gemeinderats wurden Kürzungen im Personalbereich vorgenommen, die dazu führten, dass die Motivation der Mitarbeitenden verständlicherweise gesunken ist. Reihenweise verlassen uns wichtige und kompetente Mitarbeiter*innen und Ersatz ist nicht in Sicht.
Diese Kommunikationskultur war und ist unverantwortlich und muss in Zukunft unterbleiben. Dazu passt auch, dass im Dahoam 01/23 im Editorial des Bürgermeisters zum Haushalt folgender Satz steht:
„Dieser Entwurf nutzt Potentiale, um Einnahmen und Ausgaben zu senken“
Wir glauben das war anders gemeint?
Die Sitzungen waren vielfach davon geprägt von dem Versuch, Schuldige zu suchen, statt gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Der vielfach geäußerte Satz: „das hat der Gemeinderat beschlossen“ erinnert mehr an das Schwarze Peter Spiel als an konstruktive Lösungsfindung.
Das Grundproblem, dass wir im Verwaltungshaushalt zu wenig Einnahmen haben und Gelder aus dem Vermögenshaushalt „verschieben“ müssen, wurde von Herrn Grafe ausführlich dargestellt. Daher erspare ich mir die traditionelle Kommentierung der vorgestellten Zahlen an dieser Stelle.
Im Verwaltungshaushalt müssen wir einsparen und dazu liegen abgestimmte Ergebnisse vor.
Zu einigen Themen können wir jedoch nicht zustimmen.
- Exorbitante Gebührensteigerungen bei der Kinderbetreuung tragen wir nicht
mit. - Die Zuschüsse für Vereine, um bis zu 50% zu kürzen würde bedeuten, dass diese gesellschaftlich wichtigen Institutionen ihre Angebote massiv reduzieren oder einstellen müssten.
- Und die geplanten Steuererhöhungen wären in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation Gift für unser Gewerbe und unsere Bürger*innen.
Die Steuererhöhung ist – zum Glück – vom Tisch und über die beiden anderen Punkte werden wir im Anschluss noch beraten. Wir Grüne hoffen, dass unsere Argumente überzeugen und wir einen sozialverträglicheren Weg finden können.
Im Vermögenshaushalt profitieren wir wieder einmal von Einmaleffekten und Entnahmen aus den Rücklagen.
Die Rückzahlung vom Abwasserzweckverband über ca. 4,6 Mio Euro kommt gerade recht und es ist uns Grünen zu verdanken, dass es 1,5 Mio mehr sind als ursprünglich in der Sitzung des Zweckverbandes vorgeschlagen.
Die geplanten Investitionen bilden jedoch nicht den tatsächlichen Bedarf ab und die im Haushaltsentwurf fest eingeplante Gegenfinanzierung über Grundstücksverkäufe sehen wir aufgrund der Presseberichte über die finanzielle Situation des potenziellen Käufers als eher unwahrscheinlich an. Den Haushalt auf die Zahlung von mehreren Millionen Euro von diesem Investor abhängig zu machen, ist höchst riskant. Hier müssen wir dringend realistischer vorgehen, denn wenn diese Einnahmen nicht erzielt werden, besteht die Gefahr, dass die Erweiterung der Schule am Sportpark und weitere dringend notwendige Investitionen akut gefährdet sind. Deshalb befürchten wir, dass bald wieder über einen Nachtragshaushalt und Haushaltsperren diskutiert werden muss und das wollen wir unbedingt vermeiden.
Wir kommen daher zu dem Schluss, dass der vorliegende Haushaltsentwurf 2023 nicht seriös durchfinanziert ist, keine mittelfristige Perspektive erkennen lässt und aus diesem Grund verweigern wir als Grüne Fraktion unsere Zustimmung.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
durch die Sitzungen der letzten Monate und den schonungslosen Vorbericht der Verwaltung sehen wir uns in unseren schlimmsten Befürchtungen bestätigt, die wir in den letzten Jahren immer wieder vorgetragen haben. Um die aufgezeigten Probleme zu lösen, schlagen wir vor, dass zur Absicherung des Schulanbaus entsprechende Kredite eingeplant werden.
Die letzten Monate waren jedoch auch von guten und lösungsorientierten Gesprächen geprägt. An dieser Stelle möchten wir uns deswegen bei den Mitarbeitenden der Verwaltung, Herrn Grafe, Herrn Bürgermeister Panzer und unseren Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat für die viele Arbeit bedanken.
Wir hoffen, dass wir zukünftig noch mehr konstruktive Gespräche führen, um zu gemeinsamen Lösungen für die oben aufgezeigten Probleme zu kommen.
Vielen Dank.
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